Ob und wie lange eine Schwangere ihrer gewohnten Arbeit nachgeht, hängt von ihrem Wohlbefinden und von der Art ihrer Tätigkeit ab. Der Arbeitgeber darf während der Schwangerschaft keine Kündigung aussprechen (Artikel 336c Obligationenrecht) und ist verpflichtet, schwangere Frauen so zu beschäftigen und ihre Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass ihre Gesundheit und die Gesundheit des Kindes nicht beeinträchtigt werden (Art. 35 Arbeitsgesetz). Bei normal verlaufender Schwangerschaft ist es ohne weiteres möglich, bis zum Einsetzen der Wehen zu arbeiten. Am Tag der Entbindung beginnt der Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen, in dem die Wöchnerin Anspruch auf 80% ihres Lohnes hat. Er muss am Stück bezogen werden und verfällt, wenn die Wöchnerin freiwillig früher arbeitet; Arbeit vor 8 Wochen nach Niederkunft ist nicht zulässig.
Wichtige Bestimmungen des Arbeitsgesetzes (Artikel 35) |
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Das Fernbleiben von der Arbeit ist also nicht vertragswidrig und bedarf keines besonderen ärztlichen Zeugnisses. Zu vielen Missverständnissen führt die Unterscheidung zwischen Krankheit in der Schwangerschaft und eingeschränkter Arbeitsfähigkeit wegen "normalen" Begleiterscheinungen der Schwangerschaft. Es leuchtet ein, dass z.B. eine gesunde Flugbegleiterin ihre anstrengende Tätigkeit nicht bis zum Geburtstermin ausüben kann. Bleibt die Schwangere aus anderen als medizinischen Gründen der Arbeit fern, hat sie nicht ohne weiteres Anspruch auf Lohn. Es kann sinnvoll sein, das Arbeitspensum auf beispielsweise 50% zu reduzieren und entsprechend den halben Lohn zu beziehen. Wichtig ist in jedem Fall ein offenes Gespräch mit dem Arbeitgeber!
Beispiele für ärztlich verordnete Arbeitsunfähigkeit der Schwangeren |
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Die Taggeld-Versicherung des Arbeitgebers verlangt bei längerem Ausfall häufig ein ärztliches Zeugnis für Arbeitsunfähigkeit, damit sie dem Arbeitgeber den Lohnausfall ersetzt. Ein solches Zeugnis muss der Arzt nötigenfalls vor dem Richter vertreten können und wird es deshalb nur bei tatsächlicher Krankheit ausstellen (siehe Beispiele in obiger Tabelle).
Seit im Jahr 2005 in der Schweiz der bezahlte Mutterschaftsurlaub eingeführt wurde, ist dessen Beginn auf das Datum der Niederkunft fixiert, d.h. er kann nicht teilweise vor der Geburt bezogen werden. Gewisse Arbeitgeber schlagen seither den schwangeren Arbeitnehmerinnen vor, sich routinemässig für die letzten Wochen der Schwangerschaft vom Arzt ein Zeugnis ausstellen zu lassen, um so den Mutterschaftsurlaub so zu verlängern. Damit scheinen alle zu gewinnen: die Schwangere kann sich bei vollen Lohn zu Hause auf die Geburt vorbereiten, der Arbeitgeber bekommt den Lohnausfall ersetzt und muss sich nicht um die Hochschwangere und ihre speziellen Bedürfnisse kümmern. Wir Ärztinnen und Ärzte werden aber zum Ausstellen eines falsches Zeugnisses gedrängt, weshalb wir mit viel Beratungsaufwand das Ansinnen dieser Arbeitgeber zurückweisen müssen.
Broschüre
«Mutterschaft – Schutz der Arbeitnehmerinnen»
des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO