Es war eine griffige Story der 1990er Jahre und hat sich bis heute in unserem kollektiven Bewusstsein festgesetzt: die Männer werden immer unfruchtbarer, und wenn es im gleichen Tempo weitergeht, sterben wir so um das Jahr 2060 aus.
Professor Nieschlag aus Münster in Deutschland hatte schon damals gegen statistische Fehler protestiert und publizierte kürzlich im renommierten Human Reproduction eine Übersichtsarbeit, gemäss welcher die Fruchtbarkeit der Männer NICHT abnimmt.
Spiegel-Titel von 1996
1992 hatten dänische Forscher alles vorhandene Zahlenmaterial gesichtet, eine globale Abnahme der Spermienzahl festgestellt und mit sog. linearer Regression für das Jahr 2060 den Nullpunkt prognostiziert - eine süffige Story für zahlreiche Medien, die bis heute nachwirkt. Die sogenannte «Spermienkrise» wurde mit östrogenähnlichen Substanzen in Weichmachern, allen möglichen Umweltgiften und sogar zu engen Jeans in Verbindung gebracht.
In der Zwischenzeit wurden zahlreiche weitere Studien durchgeführt, welche zumindest stabile Spermienzahlen zeigen, so dass auch die dänischen Autoren inzwischen ihre Schlussfolgerungen von 1992 widerriefen. Die ursprüngliche Publikation von 1992 wies nämlich folgende Probleme auf:
Diese beruhingenden Nachrichten schliessen keineswegs aus, dass Umweltgifte in bestimmten Regionen sehr wohl die Fruchtbarkeit schädigen. Die Autoren sprechen sich dafür aus, die Fruchtbarkeit von Paaren mit Kinderwunsch und die benötigte Zeit bis zur erfolgreichen Schwangerschaft endlich international und systematisch zu erforschen.